Es heißt, Elektrizität ist die Grundlage unserer modernen Gesellschaft.
Aber was genau ist das eigentlich, Elektrizität? Wo kommt sie her? Was bedeuten Ampere, Watt und Volt? Wenige können diese Fragen beantworten. Meistens lautet die Antwort eines mit der Frage „Können sie mir Strom erklären“ konfrontierten Interviewpartners „Nun, da gibt es Plus und Minus, und irgendwie fließt Strom im Kreis“. Was ein bisschen wenig zu sein scheint an Wissen über eine gesellschaftliche Grundlage.
Für Menschen in Deutschland ist die Nutzung von Strom eine Selbstverständlichkeit. Er ist eine Ressource, die auf Knopfdruck endlos aus der Steckdose zu fließen scheint. Im Laufe eines Tages werden zahllose Schalter gedrückt, Knöpfe bedient, Stecker eingesteckt. Stromausfälle sind selten, und wir haben unser Leben der Verfügbarkeit von Elektrizität angepasst. Einmal im Jahr kommt dann ein Beauftragter eines Energieversorgers bei uns vorbei, liest den Zähler ab, und wir bezahlen die abstrakte Größe Elektrizität mit der abstrakten Größe Geld. Sich mit dem Phänomen Elektrizität näher zu beschäftigen erscheint nicht wirklich wichtig. Es funktioniert ja, irgendwie.
Bis dann vor ein paar Jahren etwas unser Verhältnis zu Strom und die Abhängigkeit davon vehement erfahrbar machte. Smartphones eroberten Hosen- und Westentaschen. Und verwandelten uns in elektrische Nomaden, die von Steckdosenoase zu Steckdosenoase ziehen. Ein neues ungutes Gefühl entstand in uns, und wurde Nomophobie genannt.
Wikipedia bezeichnet als Nomophobie die Angst, ohne Mobiltelefon unerreichbar für soziale und geschäftliche Kontakte zu sein. Die Gründe für eine solche Unerreichbarkeit können von Verlust über Beschädigung bis hin zu einem leeren Akku vielfältig sein. Nomophobie beschreibt das Gefühl, das sich gegen 16:30 Uhr einschleicht, wenn der Handyakku bei 30 Prozent steht, und wir anfangen die Umgebung nach Steckdosen abzusuchen.
Was gibt es für einen geeigneteren Moment, Elektrizität zu thematisieren, als jemandem mit entleertem Mobiltelefon auf der Straße die Möglichkeit zu geben, dieses mit selbsterzeugtem Strom wieder aufzuladen.
Es braucht nicht viel Strom, um ein Handy aufzuladen. In der Regel zwischen 5 bis 15 Watt über einen Zeitraum von maximal zwei Stunden. Oder auch 5 Minuten, wenn man nur ein paar Prozent laden möchte. Der menschliche Körper ist ohne große Anstrengungen in der Lage, 50 Watt elektrische Energie durch Muskelbewegungen zu erzeugen. Beim gemütlichen Radfahren beispielsweise. Genug, um einige Handys gleichzeitig aufzuladen.
Grundlage für KIRCHHEIM UNTER STROM ist die Realisierung von muskelkraft-betriebenen Stromgeneratoren in der Innenstadt. Diese Generatoren orientieren sich inhaltlich und auch mechanisch an einer alten Infrastruktur, die nach wie vor in vielen Städten anzutreffen ist: Öffentliche handbetriebene Wasserpumpen. Im Großraum Berlin beispielsweise finden sich noch knapp über 2.000 dieser Relikte aus der Zeit vor einer zentralen Wasserversorgung. Und sie erfüllen teilweise immer noch ihren Zweck, heute allerdings als eine gesetzlich geregelte Notwasserversorgung, denn gemäß dem Wassersicherstellungsgesetz von 1965 soll deutschlandweit die gesamte Bevölkerung netzunabhängig mit Trinkwasser versorgt werden können. Ein derartiges Gesetz für eine Notstromversorgung gibt es interessanterweise nicht.
Diese Wasserpumpen waren dabei immer schon mehr als eine reine Infrastrukturmaßnahme – hier wurde sich getroffen, unterhalten, ausgetauscht, analog kommuniziert. In der Regel bedient während dieses Miteinanders an der Straßenkreuzung jemand den Pumpenhebel, um den anderen die Eimer zu füllen. KIRCHHEIM UNTER STROM übernimmt dieses Wesen und die praktische Umsetzung der öffentlichen Wasserpumpen, und ersetzt die Resource Wasser durch die Resource Elektrizität. Mittels einer mit Muskelkraft zu bedienenden Mechanik (Hebel, Drehrad oÄ) wird über eine Übersetzung ein Generator angetrieben, der über eine Steuerelektronik Strom an Standard-USB-Anschlüsse liefert, an denen Mobiltelefone (oder Kameras, Taschenlampen, Boom-Boxen...) zum Laden angeschlossen werden können.
Diese Strompumpen sind gewissermaßen ein Gegenentwurf zur Digitalisierung des privaten Umfeldes, welche die persönliche, analoge Kommunikation untereinander minimiert, sorgt die Strompumpe für einen realen und sozialen Treffpunkt, an dem sich Stromsuchende von Angesicht zu Angesicht austauschen können. Das Mobiltelephon dient dabei als Vehikel, um Menschen zusammenzubringen und spielerisch mit Elektrizität umgehen zu lassen.
Auf der Grundlage der Idee „Strompumpe“ beruht das folgende Konzept für künstlerische Interventionen im Spannungsfeld „Energieerzeugung – Energienutzung“ innerhalb des alten Stadtkernes von Kirchheim unter Teck:
Für das Projekt KIRCHHEIM UNTER STROM sollen über einen mehrjährigen Zeitraum verschiedene Arten von Strompumpen realisiert werden. Jede dieser Installationen hat einen direkten Bezug zu einem geschichtlichen Ereignis, einer Person aus der Zeitgeschichte oder einer anderweitigen stadteigenen Besonderheit, wie beispielsweise der jahrhundertelangen Nutzung von Wasserkraft in den zahlreichen alten Mühlen.
Wesentlicher Bestandteil der Installationen ist die Möglichkeit, mittels physischer Interaktion Strom zu erzeugen, durch verschiedene Mechaniken, die auch von Kindern und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen bedient werden können. Der so durch Muskelkraft erzeugte Strom wird neben der Aufladung von Mobiltelefonen für eine Reihe von Informations- und Zusatzfunktionen verwendet, so zum Beispiel: Was ist der historische Hintergrund der aufgestellten Strompumpe, was zeichnet den jeweiligen Standort aus, wie funktioniert die Energiegewinnung, wieviel Elektrizität wird gerade erzeugt, wieviel Energie wird gerade verbraucht, wieviel Energie hat diese Strompumpe insgesamt bereits erzeugt, wieviel CO2 wurde dadurch eingespart im Vergleich zu Strom aus der Steckdose.
Technische Umsetzung, Ziele, Kooperationen
Die Strompumpen sollen in der Bedienung die zugrundeliegenden Mechaniken nachahmen, ästethisch allerdings eine eigene, wiedererkennbare Formensprache erhalten.
Ziele des Projektes sind die Schaffung von Kommunikationsorten, eine niedrigschwellige Begegnung mit der Kirchheimer Geschichte, die Interessenserweckung an energetischen Zusammenhängen, das Zusammenwirken von Kunst und Technologie, und nicht zuletzt das sehr praktische Aufladen von mobilen Devices. Gerade durch Letzteres werden Menschen erreicht, die eigentlich lieber einen Bogen um künstlerische Inhalte machen. Das Warten auf die Aufladung von Geräten bringt Personen unterschiedlichster Herkunft und Hintergründe dazu, eine kurze Zeitspanne gemeinsam zu verbringen und analog zu kommunizieren. Ob Einheimische, Touristen, Kunstinteressierte. Insbesondere dadurch das immer jemand oder mehrere der Anwesenden eben den Strom zu der Aufladung händisch generieren müssen.
KIRCHHEIM UNTER STROM vereint auf spielerische Weise und interdisziplinär Kunst mit MINT-Themen und macht beides insbesondere jüngeren Menschen zugänglich. Die Installationen sind Orte der Kommunikation und der Zusammenkunft, die Aufladung von Mobilgeräten ist grundsätzlich geschlechterübergreifend.
Aufgrund der Komplexität und langen Laufzeit des Projektes kommt der Suche nach Partnern aus Wirtschaft, Kultur und Politik innerhalb von KIRCHHEIM UNTER STROM eine zentrale Bedeutung zu.
Frühgeschichte und Mittelalter
von Dr. Frank Bauer, Stadtverwaltung Kirchheim unter Teck, Abteilung Kultur, Sachgebiet Archiv und Kultur
Die Entstehung von Siedlungen war seit jeher dadurch bedingt, dass Wasser und fruchtbare Böden in ausreichender Menge zur Verfügung standen. Im Siedlungsgebiet von Kirchheim unter Teck und seinen Vororten, wo sich die beiden Bäche Lauter und Lindach im Südwesten der Unterstadt vereinigen, war beides gegeben. Dies belegen zahlreiche archäologische Funde aus der Zeit der Bandkeramiker (ca. 5000 v. Chr. erste Siedlungsspuren) sowie keltische Funde (800 v. Chr. – 50 v. Chr.) im heutigen Stadtgebiet. Von einer kontinuierlichen Besiedlung ist indes nicht auszugehen.
Diese setzte erst ein, als die Alemannen ab dem 4. Jahrhundert nach Chr. die römischen Siedlungen sukzessive verdrängten. Bereits dieser Vorgang hängt sehr eng mit dem Thema der Energie zusammen. Zwar waren die Erzvorkommen nicht so ertragreich, dass sie exportiert werden konnten, doch zur Deckung des eigenen Bedarfs an Werkzeug und Waffen reichten sie in den kleinen Siedlungen des Albvorlandes allemal. Eisenerz bedurfte, um zu einem hochwertigen Metall verarbeitet zu werden, natürlich einer präzisen Technik und spezieller Schmelzöfen – diese sind als sogenannte Rennöfen bekannt. Sie bestanden aus Lehm, und in ihnen rann die Schlacke zusammen.Charakteristisch an dieser frühen Verhüttungstechnik ist jedoch, dass die Temperatur in einem solchen Ofen 1.200 Grad Celsius nicht überschreiten kann. Bei einer solchen Temperatur schmilzt das Eisen jedoch noch nicht, es kann daher auch nicht adäquat von anderen Verunreinigungen im Erz getrennt werden. Das Eisen wird vielmehr im festen Zustand bearbeitet und so reiner gemacht. Effizient ist diese Methode nicht, weshalb sie auch bereits im Hochmittelalter aus der Mode kam. In der Dettinger Straße 32 fanden sich jedoch die Reste einer Schlacke, die im Rennstoff-Verfahren als Abfallprodukt entsteht. Diese Schlacke bildet den ältesten Beweis einer Eisenverhüttung im Albvorland. Es ist davon auszugehen, dass das Vorhandensein sowie die Verarbeitung von Eisenerz ganz zentrale Gründe dafür waren, dass sich dem heutigen Stadtgebiet im 7. und 8. Jahrhundert n. Chr. eine größere Siedlung etablieren konnte.
Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein bildete zum dem Wasserkraft die zentrale Energiequelle in Kirchheim unter Teck. Für die wasserabhängigen Gewerbebetriebe diente dafür der wahrscheinlich im 13. Jahrhundert erschaffene Mühlkanal, der sich im Westen der Altstadt befand und aus dem Wasser der Lauter versorgt wurde. Acht Mühlen und auch zahlreiche Gerbereien sind an jenem alten Kanal im Mittelalter nachweißbar. Mit der Etablierung der Eisenbahnstrecke 1864 verlor dieses alte Gewerbegebiet Kirchheims seine Bedeutung und wurde durch die Kohle sowie die Elektrizität abgelöst.
Gas und Elektrizität
Sie beginnt im Jahre 1873 mit der Beauftragung der öffentlichen Gasversorgung durch die Stadt an das Gasversorgungsamt. Erste Überlegungen und Pläne zum Bau einer Gasfabrik in Kirchheim gehen auf das Jahr 1860 zurück. Mit dem Gemeinderatsbeschluss von 1871 erhält der Augsburger Geschäftsmann A. L. Riedinger den Auftrag zum Bau einer Gasfabrik. Nach einer Bauzeit von sechs Monaten ist es so weit: Am 21. Dezember 1872 erstrahlen zum ersten Mal die Gaslampen auf Kirchheimer Straßen und Plätzen sowie in zahlreichen Häusern. Vertragsgemäß übernimmt die Stadt Kirchheim unter Teck Anfang Februar 1873 die Gasfabrik und damit die Gasversorgung der Stadt. Das ist die Geburtsstunde des Gasversorgungsamtes und somit auch der Stadtwerke Kirchheim. Die Herstellung von Stadtgas aus Steinkohle erweist sich in den folgenden Jahrzehnten als wahre Goldgrube, denn der Markt boomt. Allein zwischen 1876 und 1912 wächst die Gasproduktion um mehr als das Fünffache von 98.000 m3 auf 550.000 m3. Der steigende Gasverbrauch macht mehrmals die Vergrößerung und Modernisierung der Gasfabrik erforderlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg steigt der Gasverbrauch so stark, dass die Stadt Kirchheim ab 1953 Gas von den Technischen Werken Stuttgart (TWS) dazukaufen muss. Der Anteil steigt immer mehr, und 1960 legen die Stadtwerke ihre Gasfabrik nach fast 90-jährigem Betrieb still und stellen komplett auf die Gaslieferungen der TWS um. Nach der Umstellung auf Erdgas geben die Stadtwerke die Gasversorgung der Stadt Kirchheim ab 1970 nach und nach auf und verkaufen diesen Betriebszweig 1974 endgültig an die TWS.
Die zweite revolutionäre Energiequelle des 19. Jahrhunderts, der elektrische Strom, steht in Kirchheim lange Zeit in Konkurrenz zu dem beliebten Gas. Um den Erfolg der Gasfabrik nicht zu gefährden, stehen viele Kirchheimer der breitflächigen Einführung der Elektrizität ablehnend gegenüber – auch als der Papierfabrikant Carl Riethmüller 1897 ein kleines Elektrizitätswerk errichtet, von dem aus er auch Privathaushalte in der Stadt versorgt. 1906 erteilt die Stadt Kirchheim den Neckarwerken Altbach die Konzession zur Elektrizitätsversorgung in Kirchheim, die 1908 ihr Elektrizitätswerk in Betrieb nimmt. Das Elektrizitätswerk Riethmüller gibt seine Versorgungsanteile 1943 an die Neckarwerke ab, womit diese zum alleinigen Versorger von Strom in Kirchheim werden. Später gehen die Neckarwerke in der neuen Energie Baden-Württemberg (EnBW) auf. Im Oktober 2013 gründen die Stadtwerke gemeinsam mit der EnBW die Energie Kirchheim unter Teck GmbH & Co. KG. Die Gesellschaft ist Eigentümerin des Kirchheimer Strom- und Gasnetzes. Der Betrieb der Netze ist an die Netze BW GmbH verpachtet.
Die Brunnen und die Wasserversorgung
Die Kirchheimer bauten schon seit alters auf eine zweigleisige Wasserversorgung. Seit der ersten erhaltenen Bürgermeisterrechnung 1524/25 lässt sich nachweisen, dass die Innenstadt neben öffentlichen und privaten Trinkwasserschöpfbrunnen mit Rohrbrunnen versehen war, die durch ein Wasserleitungssystem mit hölzernen Rohren, sogenannten Deicheln oder „Teucheln“, mit „gemeinem“ Wasser, Lauterwasser oder Wasser aus einem nicht näher genannten „Sehelin“ mit fließend Wasser gespeist wurden. Da dieses Wasser höchstens zum Kochen genutzt werden konnte und im Winter oft eingefroren war, entschloss sich die Stadt 1612, alle Rohre zu erneuern und beim „Äulein“ neben der Sägemühle (später Firma Helfferich) einen tiefen Brunnen graben und eine große Wasserstube einrichten zu lassen. Dieses Brunnenwasser wurde unter Ausnutzung des Gefälles über die Obere Vorstadt (Dettinger Straße) und das Obere Tor in die Innenstadt geleitet. Zunächst zum „Oberen Rohrbrunnen“ in der Oberen Marktstraße (heute Höhe Marktstraße 41), dann wurde es weitergeleitet zum Rohrbrunnen
im Schlosshof, von dort einerseits zum Rohrbrunnen im Spital, andererseits zum „Marktbrunnen vor dem Bären“. Von diesem wurden bereits zwischen 1600 und 1609
Rohre zu einem Rohrbrunnen im Vogthaus gelegt. Finanziert wurde dieses Wasserleitungssystem zu je einem Drittel von den drei Nutzern, der Stadt, der Kellerei für das Schloss und dem Spital.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg floss aber wieder Lauterwasser durch diese Röhren. Konrad Widerholt errichtete deshalb ein Pumpwerk mit Wasserturm am Jesinger Tor, durch das Trinkwasser in das Röhrensystem der Stadt gepumpt wurde. Doch schon bald wurde auch dies wieder aufgegeben. Stattdessen bemühte sich die Stadt um die Erschließung des Quellwassers beim Entensee auf Dettinger Gemarkung, nachdem der Bad Boller Brunnenmeister die Wasserqualität dort geprüft hatte. Entscheidend war damals nicht nur die Wasserqualität, sondern vor allem die Hoffnung, dass dieses Wasser im Gegensatz zur Lauter zuverlässig zu jeder Jahreszeit fließen würde. Nach längeren Verhandlungen mit der Gemeinde Dettingen wurde 1682 ein Vertrag geschlossen und das äußerst kostenaufwendige Brunnenwerk in Angriff genommen. Dabei wurden nicht nur die Rohre vom Entensee bis in die Kirchheimer Vorstadt neu verlegt, sondern auch das bereits vorhandene Kirchheimer Rohrsystem vollständig ausgewechselt. In der Oberen Vorstadt wurde ein neuer Brunnen an die
Rohrwasserleitung angeschlossen. Der Brunnen vor dem Forsthaus gehörte vermutlich schon immer zum Rohrsystem. Die Kosten übernahmen die drei Nutzer. Einen Beitrag leistet auch das gesamte Amt.
Die drei steinernen Rohrbrunnen in der Innenstadt hatten zwar den Großen Stadtbrand überstanden, mussten aber doch im 18. Jahrhundert erneuert werden. 1777 wurde der städtische Marktbrunnen vor dem Bären auf den sogenannten „Metzgerplatz translociert“, wo er sich bis heute an der Ostseite des Marktplatzes befindet. Der bis heute erhaltene Eisenkasten mit Stadtwappen und Justitia, Meerjungfrau, Neptun, Elternpaar mit Kindern, höfischen Jagdund Unterhaltungsszenen und württembergischem Wappen mit den Initialen Herzogs Carl Eugen stammte aus der staatlichen Eisenfaktorei in Königsbronn. Der eiserne Brunnenstock mit Holzfigur ist leider nicht mehr erhalten. Im 18. Jahrhundert mussten nicht nur die Rohrbrunnen erneuert werden, auch das Wasserrohrsystem war reparaturanfällig und der Zufluss blieb weiterhin unzuverlässig. Deshalb, auch wegen der Trinkwasserqualität, waren weiterhin die öffentlichen Zug bzw. seit dem 18. Jahrhundert moderneren „Gumpbrunnen“ (Pumpbrunnen) lebensnotwendig. 1789 werden die 12 städtischen Zugbrunnen genannt, die im Auftrag der Stadt von Schlossermeistern zu betreuen waren: Brunnen „unterm Stiftshaus, bei des Goldschmied Mayers Haus, unter Philipp Bandlens Haus, beim Hirschen (später Hotel Post), beim DreiKönig (Ecke Dreikönigs/ Metzgerstraße), bei der Geistlichen Verwaltung (der seit 1986 wiederhergestellte Brunnen auf der Westseite des Marktplatzes), beim Unteren Tor, in der Heidenschaft, vor dem Oberen Tor, vor dem Gasthof Rössle, bei Peter Nägelens Haus, bei der Dupsen Mühlen“ (Römsche Mühle). 1793 wurde in der Jesinger und 1803 in der Ötlinger Vorstadt ein öffentlicher „Gumpbrunnen“ errichtet.
Doch es gab immer wieder Klagen über hohe Reparaturkosten an der Brunnenleitung und zum Teil schlechte Versorgung verschiedener Brunnen mit Trinkwasser, so dass einige Brunnen wieder eine Zuleitung aus dem Mühlbach erhielten, um auch bei Wassermangel die Wasserversorgung gewährleisten zu können. Deshalb war es für die Stadt sehr interessant, als 1858 wieder im Bereich Entensee auf Dettinger Markung eine weitere Quelle entdeckt wurde, die mehr Wasser lieferte als der Dornenbrunnen. Nach Untersuchung der Wasserqualität und Verhandlungen mit der Gemeinde Dettingen konnte Kirchheim die Eigentumsrechte für die Quelle erlangen, die dann über ein eisernes Röhrennetz 13 öffentliche laufende Brunnen, 14 öffentliche Pumpbrunnen und 33 private Pumpbrunnen mit frischem Quellwasser versorgte.
In diesem Zusammenhang plädierte vor allem der Fabrikant Rudolf Schüle dafür, mit einem Aufwand von 21 000 fl eine allgemeine Hauswasserversorgung in Kirchheim einzurichten. Doch derartige Pläne wurden von den bürgerlichen Kollegien mit Verweis auf die große Anzahl von Brunnen in der Stadt immer wieder blockiert und erst in den 1890er Jahren wieder aufgegriffen. So trug Stadtschultheiß Kröner im August 1892 im Gemeinderat vor, dass es fast in jedem Jahr, besonders aber 1892, erhebliche Probleme mit einer ausreichenden Nutzwasserversorgung der Stadt gebe. Zum einen sei die Bevölkerung in den vergangenen 15 Jahren um fast 1 000 Personen gewachsen, während die Wasserzufuhrmenge nicht zugenommen habe. Die Einwohner der Ötlinger Vorstadt (1 084) und der Jesinger Vorstadt (690) würden ausschließlich über Pumpbrunnen versorgt, von denen viele bei niedrigem Grundwasserstand einfach versiegten. Im Falle eines Brandes könne der Mehrzahl der Häuser in diesen Stadtteilen keine Hilfe geleistet werden. Ferner werde durch die Ausdehnung der Fabrik- und Gewerbebetriebe das Lauterwasser derart verunreinigt, dass eine Beimengung von Flusswasser – wie früher oft geschehen – aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu verantworten sei. Kröner schloss seine Ausführungen mit der Bemerkung: „Es wäre bedauerlich, wenn erst ein größeres Unglück über die Stadt hereinbrechen müsste, um der Verwaltung derselben die Notwendigkeit einer Wasserversorgung greifbar vor Augen zu stellen.“ Daraufhin beschlossen Gemeinderat und Bürgerausschuss einstimmig, den Stadttechniker Baurat Ehmann ein Gutachten samt Kostenvoranschlag für die ausreichende Versorgung der Stadt mit Quellwasserauszuarbeiten zu lassen.
Erst 1897 konnte dann das Projekt einer allgemeinen Hauswasserversorgung mit einer knappen Mehrheit in den städtischen Kollegien in Angriff genommen werden. Von den öffentlichen Gebäuden erhielten das Rathaus, das Gefängnis am Oberen Tor, das Verwaltungsgebäude der Schulpflege und die drei Schulhäuser (Real, Latein- und Volksschulgebäude) sofort einen Anschluss ans Wasserleitungsnetz.
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